Alterungsrückstellung, was bedeutet das

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tb1
Beiträge: 12
Registriert: 27.09.2012, 11:51

Hallo,

ich bin derzeit Student und interessiere mich (ich bin Jahrgang 1994) für die ambulante Zusatzversicheurng Tarif DKV BMGR0 . Also einen Ausbildungstarif ohne Alterungsrückstellungen. Beitrag wäre ca. 106 Euro/Monat. Wenn ich mit dem Studium fertig bin wird ja diese Alterungsrückstellung dazukommen und der BEitrag steigt dann deutlich (also dann ca, 200 Euro im Monat)
Vielleicht könnten Sie mich kurz über das Thema “Alterungsrückstellungen” (erneut) aufklären. Ich lass bei einigen Artikeln, dass trotz etwaiger vereinbarter Altersrückstellungen – ohne die medizinische Inflation zu berücksichtigen – aufgrund des zunehmenden Älterwerdens, eine Beitragsanpassung im Alter unvermeidbar wird. Die gebildeten Rücklagen in den jungen Jahren werden später dermaßen schnell ausgeschöpft, dass eine Beitragsanpassung notwendig wird. Berücksichtigt man dann noch die jährliche medizinische Inflation – einige gehen sogar im Durchschnitt von 5 % p.a. aus – dann könnte die Beitragszahlung im Rentenalter zur finanziellen Herausforderung werden. In der Hinsicht würde ich den Sinn des Abschlusses eines solchen Tarifs “mit Alterungsrückstellungen” hinterfragen. Da es sich hierbei allerdings nur um Infos aus dem Internet handelt, wollte ich zu dem Thema Ihre professionelle Meinung hören. Würde ich im Alter von 27 Jahren in den “normalen” BMG Tarif wechseln (und anschließend ggf. zur PKV), glauben Sie dass die gebildeten Alterungsrückstellungen für später ausreichend sein werden oder müsste ich mich irgendwann auf altersbedingte Erhöhungen gefasst machen?
dsteinberger
Administrator
Beiträge: 294
Registriert: 23.04.2012, 13:19

Alterungsrückstellung müssen Sie sich so vorstellen:

Sie sind heute 26 und der Tarif DKV BMG0R (oder auch andere Ausbildungstarife ohne Alterungsrückstellung) bildet den Preis, den ein heute 26 jähriger im Durschnitt mit allen Verwaltungskosten für eine ambulante Leistung mit allen versicherten Leistungen in einem Monat verursacht in diesem Lebensalter. Also rund 106 Euro /Monat.
Ein 40-Jähriger in etwa 180, ein 50- jöhriger für diese Leistung ca. 220 Euro/Monat Ein 60 Jähriger verursacht für gleiche Leistungen allerdings in etwa 250 Euro an Kosten und ein 70 Jähriger im Schnitt wohl eher 350-400 Euro, ein 80 jähriger sogar ca. 700-800 Euro im Monat

Wird nun eine Alterungsrückstellung gebildet bei einem 26-Jährigen kommt man ständigen Beitragserhöhungen aufgrund von Älterwerden durch eine Rücklage zuvor. Man zahlt also z.B. ca.. 100 Euro/Monat mehr. Diese 100 Euro stellen abgezinst die monatliche Rate dar, die der Versicherer am Kapitalmarkt für die Versicherten im Kollektiv anlegt, damit bei Erreichen des 40., 50. 60. 70 Lebensjahr usw. eben kein Beitragssprung aufgrund Älterwerdens erfolgen muss. Der Beitrag wird also für die Versicherten gemäß seines Eintrittsalter über die gesamte Laufzeit geglättet.
Mit 26 besteht der Beitrag von 200 Euro z.B. noch aus 100 Euro Risikokosten + 100 Euro Rücklage für zukünftige Kosten
Erreichen Sie das 45. Lebensjahr werden von den 200 Euro im Monat bereist ca. 90% für die Risikokosten benötigt und noch noch 20 Euro für die Rücklage usw.

Der Gesamtbeitrag besteht also aus: Risikobeitrag (Kosten der Versorgung des derzeitigen Alters + Rücklage für alle zukünftigen Kosten)

Der Beitrag nach dieser Kalkulation würde bis zum Lebensende so bleiben, sofern sich die Variablen nicht verändern, es gibt also keine Altersprünge, aber es kann ausserordnetliche Anpassungen geben:


Denn die errechnete Rückstellung bzw. der Gesamtbeitrag basiert auf ein paar Annahmen bzw. ist der Beitrag damit abhängig von mehreren Variablen.


Kapitalmarktzins: Der Versicherer zinst ab, und berücksichtigt eine durchschnittliche Rendite bereits aus Vergangensheitswerten, die er mit der Rückstellung am Kapitalmarkt erzielen wird. Z.B. 2% p.a. . Er kann nun langfristig mehr, aber auch weniger erzielen. Dies kann zu ausserordnetlichen Anpassungen des Betrags nach oben oder unten führen
Lebenserwartung: Werden Versicherte nicht mehr 80 Jahre im Durchschnitt sondern z.B. 90, so wurden nicht genügens Rücklagen gebildet, dies kann zu einer Anpassung führen. Die Lebenserwartung wird nach offiziellen versicherungsmathematischen Sterbetafeln ähnlich wie in der Lebensversicherung als Grundlage genommen.
Medizinischer Fortschritt: Fortschritt kostet Geld, so war es früher unüblich bei Zahnersatz z.B. teure Implantate zu verwenden oder Hightech Körperersatzstücke. Dies könnte also zu einer Anpassung der Kalkulation führen
Inflation: Es gibt auch in der Medizin eine Erhöhung der Preise, was eben auch zur ausserordnetlichen Anpassung führt. Allerdings steigt ja auch Ihr Gehalt weiter an hoffentlich.
Abgangswahrscheinlichkeit: Die Versicherer rechnen bereits in der Kalkulation eine Abgangswahrscheinlichkeit ein: Das bedeutet, dass bereits berücksichtigt wurde, dass in einem Tarif ein Teil der Versicherten vorzeitig ausscheidet und dann „seine“ Alterungsrückstellung dem Kollektiv zufallen. Kpndigt jemand z.B. nach 4 Jahren seinen Vertrag bleibt seine Rücklage im Kollektiv. Dies ist aber auch bereits statistisch bereits einkalkuliert.
Würden weniger Menschen vorzeitig ausscheiden (durch Tod oder Kündigung) als der Versicherer im Beitrag einkalkuliert hat, wurden zu wenig Rückstellungen gebildet, da das Geld ja am Ende für mehr Alte ausreichen muss als geplant wurde. = außerordentliche Beitragsanpassung.

Wie Sie sehen ist dass Konstrukt der Kalkulation Private Krankenversicherung mit Alterungsrückstellung (Egal, ob Vollversicherung oder Zusatz) ziemlich kompliziert. Es ist auch schwer vorher zu sagen, inwieweit Beiträge im Laufe der Zeit steigen. Eine Anpassung der Beiträge von 3-4% p.a. ist aber im Schnitt nicht unrealistisch. Allerdings haben wir ja auch 2% Inflation und Löhne steigen natürlich auch. Die Anpassung erfolgt dabei auch nicht jährlich. Manchmal gibt es 4 Jahre keine Erhöhung, wenn dann eine bestimmte Schwelle überschritten ist (meist 5-10% Hürde) wird auf einmal erhöht um z.B. ca. 11%, dann ist wieder ein paar Jahre Ruhe. Und natürlich kann auch der Beitrag mal nach unten angepasst werden, beispielsweise da sich dass allgemeine Kapitalmarktzinsniveau, welches seit Jahren sehr niedrig ist, sich wieder erhöht. 1% mehr Kapitalmarktzins bedeutet z.B. ca. 10% Senkung des Beitrags im Schnitt.

Spätere Erhöhungen sind in einem Tarif mit Alterungsrückstellungen keine altersbedingten Anpassungen, das Alter wurde ja bereits eingepreist. Anpassungen nach oben oder unten erfolgen nur, wenn sich die obigen Variablen deutlich ändern in Abweichung zur ursprünglichen Kalkulation.

Ich hoffe, dass ich Ihnen dieses etwas komplizierte Konstrukt etwas erklären konnte.
Bei der Beantwortung weiterer Fragen helfen wir Ihnen gerne.
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